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Maurer vs. Petrovic: Gericht deutet Stinkefinger als liebevolle Geste?
Ein Gerichtsurteil sorgt für Aufsehen: Das bekannte Foto von Sigrid Maurer mit ihrer Stinkefinger-Geste wurde vom Gericht kurzerhand uminterpretiert. Laut dem Urteil „geht nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsbetrachters gerade kein aggressives bzw. hasserfülltes Verhalten, sondern das Bekenntnis zu einer eigenen, gerade gegenteiligen Haltung gegenüber einer bestimmten Gruppe hervor.“
Hintergrund des Falls
Die GGI-Initiative (Grüne für Grundrechte und Informationsfreiheit), der Grüne Basisverein rund um Madeleine Petrovic, kommentierte im Februar 2023 einen Tweet von Sigrid Maurer, in dem sie einem politischen Mitbewerber Hass und Niedertracht vorwarf. Die Initiative postete dazu Maurers Stinkefinger-Foto, mit den Worten „Hass und Niedertracht“? Wer im Glashaus sitzt.., um Sigrid Maurer den Spiegel vorzuhalten und deutlich zu machen, dass auch Maurer Hass im politischen Diskurs einsetzt – was sie jedoch bei anderen kritisiert. Maurer klagte daraufhin prompt wegen einer angeblichen Urheberrechtsverletzung. Petrovic und ihr Rechtsbeistand sind der Ansicht, dass die Verwendung des Fotos durch die Meinungsfreiheit und das Zitatrecht gedeckt ist. Dem entspricht auch die ständige Rechtsprechung des OGH. Nach einer kuriosen Verhandlung kam nun das Urteil zu Gunsten der Klägerin – mit einer ganz eigenwilligen rechtlichen Beurteilung.
Urteilsbegründung und Kritik
Das Gericht interpretierte die Stinkefinger-Geste als gerade keine hasserfüllte Handlung und führte dazu aus:
Aus der auf dem Lichtbild eingenommenen Pose (Halten eines Glases samt „Stinkefinger“ samt der Textzeile „to the haters with love“) geht nach dem Verständnis des unbefangenen Durchschnittsbetrachters gerade kein aggressives bzw hasserfülltes Verhalten,sondern das Bekenntnis zu einer eigenen, gerade gegenteiligen Haltung gegenüber einer bestimmten Gruppe („hater“) hervor
Urteil Seite 20
Kurz gesagt: Der Stinkefinger galt quasi als liebevolle Geste gegenüber Maurers „hatern“. Eine recht eigenwillige, aber durchaus kreative Interpretation. Fraglich nur, ob zukünftige Gerichte die Geste ähnlich bewerten, denn der Stinkefinger hat schon einigen Menschen Strafzahlungen eingebracht.
Kritik am Verfahrensablauf und Urteil
Und noch ein Kuriosum findet sich im Urteil: Die GGI brachte vor, dass bei parteiinternen Streitigkeiten das parteiinterne Schiedsgericht zuständig wäre. Dazu stellte das Erstgericht fest:
„Weder die Klägerin noch die Beklagte sind Landesorganisationen oder Bundesgremien. Sie sind auch keine Mitglieder einer Landespartei der Grünen.“
Somit wurde Sigrid Maurer, der Klubchefin des Grünen Nationalratsklubs, kurzerhand die Parteimitgliedschaft in Abrede gestellt.
Fehler im Verfahren
Das Verfahren war laut Petrovic von zahlreichen Verfahrensfehlern geprägt. Es fand keine Parteieneinvernahme statt, Sigrid Maurer wurde gar nicht erst geladen, dem Beklagten wurde das Fragerecht verweigert – was eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstellt. Auch der Unmittelbarkeitsgrundsatz wurde verletzt, da sich das Urteil auf Protokolle aus anderen Verfahren stützt. „Das Gericht hat unsere Argumente einfach weggewischt, ohne sich ernsthaft mit dem Sachverhalt auseinanderzusetzen“, kritisiert Petrovic. Zudem stützte sich das Gericht auf Twitter-AGB, die zum Zeitpunkt des Postings noch nicht in Kraft waren.
„Dieses Urteil ist nicht nur juristisch fragwürdig, sondern auch politisch brisant. Es zeigt, dass die Justiz in politischen Fällen anders handelt“, so Petrovic abschließend.
Das Verfahren und das Urteil werfen ein schiefes Licht auf die Justiz, besonders angesichts der Positionen von Sigrid Maurer als Klubchefin einer Regierungspartei und Alma Zadić als Grüne Justizministerin. „Es ist absurd, dass das Gericht diese Geste als ’nicht aggressiv oder hasserfüllt‚ interpretiert. Dies bestätigt unserer Ansicht wieder den Verdacht einer Zweiklassen-Justiz für politische Fälle“, erklärt Madeleine Petrovic.
Bedrohung der Meinungsfreiheit
Das Urteil hat weitreichende Implikationen für die Meinungsfreiheit. Es bedeutet, dass man Politikerinnen und Politikern ihre früheren Aussagen mittels Bild-, Ton- oder Videobeweis nicht mehr vorhalten darf, ohne vorher ihre Erlaubnis einzuholen. „Dieses Urteil gefährdet ernsthaft die Meinungsfreiheit. Es darf nicht sein, dass kritische Stimmen in einer Demokratie mundtot gemacht werden“, betont Petrovic.
Grüne zeigen kein Verständnis für Grundrechte
Petrovic und ihre Unterstützer haben sich nicht zuletzt deshalb von den Grünen getrennt, da „bei den Parlamentsgrünen kein Verständnis mehr für Grund- und Freiheitsrechte besteht“. Derzeit sammeln sie Unterstützungserklärungen für ihre „Liste Madeleine Petrovic“, um zur Nationalratswahl antreten zu können. „Es ist aufwendig, Unterstützungserklärungen abzugeben, aber wer Veränderung will, muss manchmal auch einige Minuten investieren“, betont Petrovic.
Fazit
Der gesamte Ablauf des Verfahrens erscheint fragwürdig. Wichtige Zeugen wurden nicht zugelassen und grundlegende Prinzipien der Rechtsprechung missachtet. Dies führt zu der Wahrnehmung, dass das Verfahren zugunsten der Grünen Klubchefin voreingenommen war. Das Urteil stellt eine ernsthafte Bedrohung der Meinungsfreiheit dar, da es praktisch unmöglich macht, Politikerinnen und Politiker mittels Bildern zu kritisieren, ohne die vorherige Erlaubnis einzuholen. Die GGI-Initiative hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.