Skip to main content


Digitalisierung und das Recht auf analoges Leben

Digitalisierung soll dem Menschen dienen

Digitale Anwendungen sind praktisch und erleichtern in vielen Bereichen das Leben. Sinnvolle, selbstbestimmte, datengeschützte Digitalisierung begrüßen wir deshalb.

Jedes Digitalisierungsprojekt soll dem Menschen (Kundin, Nutzer, Investorin, Patienten…) dabei dienen, in Würde, Freiheit, Unversehrtheit und Selbstbestimmung zu leben. „Jedes Digitalisierungsprojekt“ schließt jedes digitale Produkt, jede digital gestützte Dienstleistung, jede Forschung, jede digitalisierte Verwaltungsaufgabe und jedes digitale Medium ein. Und selbst wenn die digitalen Initiativen dem Grundrechtsschutz nicht unmittelbar dienen können, so dürfen sie keinesfalls zum Gegenteil führen, also zur Beeinträchtigung dieser Rechte.

Wann immer mit personenbezogenen Daten operiert wird, muss gelten: Die digitale Maßnahme dient dem Menschen, nicht umgekehrt. Der Mensch ist immer Zweck an sich und niemals Mittel zu einem anderen Zweck wie der Gewinnerzielungsabsicht, der Überwachungsabsicht, der Forschungsabsicht und so weiter.

Jeder Mensch entscheidet selbst

Jeder Mensch soll für sich entscheiden können, welche Anwendungen er digital wählt und was er lieber auf analogem Weg macht. Die Möglichkeit eines Lebens ohne digitale ID ist ein inklusiver Akt: Sie schließt Menschen ein, die nicht IT-technisch versiert sind, Menschen mit Behinderung und Menschen, denen manche digitale Anwendung als nicht sicher genug erscheint.

Der Vielfältigkeit menschlichen Lebens steht eine wachsende Monopolisierung und Vereinheitlichung bei digitalen Systemen gegenüber. Oftmals erfordern diese Systeme ein mühevolles Anpassen von menschlicher Seite. Monopolisierung, dadurch weniger Verbesserungsdruck auf Hersteller und mehr Anpassungsdruck für Menschen, kann Vielfalt gefährden und Leben behindern. Damit dies nicht geschieht, muss die individuelle Beurteilung der Nützlichkeit und die Entscheidung dem einzelnen Menschen vorbehalten bleiben. Dieses Urteil ist von staatlicher und privater Seite zu respektieren.

Die Entscheidung darf nicht erzwungen sein

Der zwangsweisen Nutzung der „ID Austria“ als „digitalen Identitätsnachweis“, die weit mehr als eine Fortführung der Handysignatur ist, treten wir entschieden entgegen.

Sowohl vom Finanzminister Magnus Brunner als auch von den DigitalisierungsstaatskretärInnen der letzten Jahre (Florian Tursky und Claudia Plakolm) – alle ÖVP – wurde die Nutzung der ID Austria wiederholt als sinnvoll, aber garantiert freiwillig angepriesen. Im krassen Gegensatz zu diesen Versprechen ist sie in vielen Bereichen in Österreich inzwischen alternativlos und erzwungen! Menschen, die nicht dazu bereit sind, einer zentralen digitalen ID zuzustimmen oder wegen nötiger neuer Geräte Geld zu investieren, können in vielen Bereichen ihrem Beruf nicht mehr nachgehen, erleiden gravierende finanzielle Verluste bis hin zur Existenzgefährdung oder sind beruflichen Einschränkungen unterworfen. Zwischen dem privaten und dem beruflichen Ich wird dabei nicht unterschieden.

Ein Überblick über die Situation im ersten Halbjahr nach Einführung der ID Austria:

Für die eIDAS, die europäische digitale Identität, die ab 2026 gelten wird, hat die Datenschutz-NGO epicenter.works gemeinsam mit anderen europäischen Datenschützern erreicht, dass : „der Zugang zu öffentlichen und privaten Dienstleistungen, der Zugang zum Arbeitsmarkt und die unternehmerische Freiheit für natürliche und juristische Personen, die die Wallet nicht nutzen, in keiner Weise eingeschränkt oder benachteiligt werden dürfen.“ Dies soll einklagbar sein.
Das Gute, das Schlechte & das Hässliche der eIDAS-Verordnung

Wir setzen uns dafür ein, dass diese Form der Selbstbestimmung bereits ab sofort auch in Österreich gilt.

Der Staat darf auch über Dritte keinen Druck ausüben

Da die Grundrechte im engeren Sinn nur gegenüber Körperschaften des öffentlichen Rechts gelten, sind sie schwerlich gegenüber anderen Einrichtungen einklagbar. Diese rechtliche Grauzone wird beispielshalber bezüglich „ID Austria“ derzeit von Seiten des Finanzministeriums, des Wirtschaftsministeriums oder von Seiten der niederösterreichischen Landesregierung – alle unter Leitung der ÖVP – ausgenützt, um über viele staatsnahe Einrichtungen die Nützung der ID Austria zu erzwingen.

Dies trifft zumindest schon auf diese Einrichtungen zu: Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK), Unternehmensserviceportal (USP), Sozialversicherungen, Agrar Markt Austria (AMA), Bezirksbauernkammern, Organisation der Wirtschaftsprüfer, Bundesfinanzierungsagentur, Bildungsdirektion, Landesgesundheitsagentur (LGA).

Kurz vor der zwingenden Einführung stehen die Schulen – unter der Leitung des Unterrichtsministeriums, ÖVP.

Wenn das Schule macht, dann können bald alle Einrichtungen, Firmen etc, die Gutachten, Zertifikate, Gütesiegel etc. ausstellen, durch Diskriminierungen bis hin zu Schritten, die Existenzen gefährden, Druck Richtung digitaler Abwicklung ausüben.

Wir setzen uns dafür ein, hier unbedingt eine Drittwirkung der Grundrechte gesetzlich zu verankern!

Qualität muss Vorrang vor Schnelligkeit haben

Für viele Menschen erfolgt der immer umfassendere Einsatz digitaler Anwendungen, wie eben auch einer digitalen ID, zu schnell. Der richtige Umgang mit den neuen Technologien muss erlernt werden. Auch das Abwägen von Nützlichkeit und Sinnhaftigkeit muss ausführlich im gemeinsamen Austausch erlernt und eingeübt werden. Ohne diese Lernphase wächst die Gefahr von Fehlern und Missbrauch und somit für massiven Schaden.

Ein Schaden für den einzelnen Menschen, der dem überhasteten Einsatz digitaler Anwendungen geschuldet ist, ist letztlich auch ein Schaden für die Wirtschaft – so unsere Überzeugung.

Wir haben Verständnis für Menschen, welche den Datenschutz der aktuellen ID Austria-Variante als unzureichend erachten und nennen hier ein paar aktuelle Problemfelder, die vor einem breiten Einsatz behoben werden müssen:

Auch der eng mit der ID Austria verbundene Ausbau der europäischen eID lässt Sorgfalt vermissen. Es handelt sich immerhin um ein System, das die sensibelsten Daten der Europäer:innen verarbeiten wird.
Wir schlagen Alarm – Schwere Mängel bei der europäischen eID-Implementierung (epicenter.works)

Gesundheitsdaten gehören nicht in Regierungshände

Abgesehen davon, dass Gesundheitsdaten – beispielsweise der mit Klarnamen versehene e-Impfpass – grundsätzlich nicht in die Hände von Regierungen gehören, wissen wir nicht, wer in den nächsten Jahrzehnten an der Regierung sein wird.

Gut und durchgehend pseudonymisierte Daten können Forschung oder Regieren erleichtern. Was könnte aber der Nutzen von Daten mit Klarnamen für Regierungen sein?

Noch weniger gehören unsere (Gesundheits-) Daten in die Hände von privaten Konzernen.

Wir fordern den uneingeschränkten Schutz der persönlichen Gesundheitsdaten und diesbezüglich eine Änderung im Arzneimittelrecht, insbesondere §80 Arzneimittelgesetz in der Fassung vom 15.1.2022, sowie im §9 Gesundheits- und Ernährungssicherheitsgesetz.

Gläserner Staat statt gläserner Mensch

Wir haben – gemeinsam mit der GGI (Grüner Verein für Grundrechte und Informationsfreiheit) einen Traum:

Die Privatsphäre der Menschen ist geschützt. Nicht-anonymisierte Gesundheitsdaten werden nie in fremde Hände gegeben und es gibt kein Gesetz mehr, das dies erlauben würde. Überwachung und ausufernde Polizeikontrollen gehören der Vergangenheit an. Die Regierung gewährleistet volle Transparenz von Entscheidungsprozessen. Sie begegnet den Menschen auf Augenhöhe und respektiert die Souveränität der Bevölkerung.

Wir haben einen Traum (GGI-Initiative)