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22.07.2024

Unterstützungserklärungen: Menschen mit eingeschränkter Mobilität praktisch ausgeschlossen

Madeleine Petrovic dazu: Es mehren sich die Anfragen von behinderten und betagten Menschen, die eine neue Partei unterstützen wollen und de facto ausgeschlossen sind.

Madeleine Petrovic kritisiert die bestehenden Regelungen zur Abgabe von Unterstützungserklärungen für Nationalratswahlen scharf. Sie weist auf die wachsende Zahl von Beschwerden seitens behinderten und älteren Menschen hin, die praktisch von diesem demokratischen Prozess ausgeschlossen sind: „Es ist an der Zeit, dass alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen an unserem demokratischen System teilhaben können. Alles wird digitalisiert, die analogen Möglichkeiten immer weiter eingeschränkt – auch gegen den Widerstand der Bevölkerung, aber wenn es um neue Parteien geht, dann ist Vereinfachung unerwünscht.“

Sammeln von Unterstützungserklärungen unnötig schwer

Seit 9. Juli können Unterstützungserklärungen abgegeben werden, doch der Staat macht es neuen Bewegungen schwer, bei der Wahl anzutreten. Es sind Unterstützungserklärungen in allen Bundesländern in unterschiedlicher Zahl notwendig, bundesweit insgesamt 2.600 – erst wenn in jedem Bundesland die geforderte Zahl erreicht ist, steht man auch auf jedem Stimmzettel. Die Unterstützung einer Partei ist zudem nur persönlich auf dem Gemeindeamt möglich, was besonders ältere und weniger mobile Menschen benachteiligt. „2024 geht es nicht an, dass es weder mobile Sammel-Möglichkeiten (analog) noch datensichere digitale Alternativen gibt“, kritisiert Petrovic. „Diese bodenlose Arroganz der Macht geht offenbar davon aus, dass die Wahlmöglichkeiten zwischen den bereits im Parlament vertretenen Parteien für die Alten und weniger Mobilen reichen müssen. Gerade in Vorwahlzeiten sind derartige Diskriminierungen absolut unerträglich.“

Mobile Möglichkeiten abgeschafft

2019 haben politische Parteien wie die NEOS, die Grünen und die SPÖ positive Signale in Richtung einer digitalen Unterstützungserklärung gesendet. Auch seitens der ÖVP und FPÖ gab es Unterstützung für diese Modernisierung. Passiert ist genau das Gegenteil: Eine digitale Alternative gibt es bis heute nicht. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit der notariellen Beglaubigung, die auch mobil erfolgen konnte, mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2023 gestrichen. Damit fiel die letzte Möglichkeit der Beteiligung für nicht mobile Menschen weg. Alle Parlamentsparteien haben dem Antrag zugestimmt.

Demokratische Mitbestimmung unerwünscht

Die Liste Madeleine Petrovic erhält zahlreiche Anfragen von Menschen, die aus diversen Gründen das Haus kaum verlassen können. Gabriele Winkler, die aktuell ein gebrochenes Knie hat, sagt: „Sie machen es einem so schwer, neuen Parteien eine Chance zu geben. Aber auch wenn sie mir das Bein jetzt abnehmen, würde ich zu Fleiß zum Amt gehen.“ So viel Kampfgeist ist jedoch nicht allen zuzumuten.

Eine Unterstützung wäre auch ganz einfach online möglich – Volksbegehren können etwa digital unterzeichnet werden. Die Abgabe einer Unterstützungserklärung ausnahmslos auf einer Behörde schließt nicht nur ältere Personen aus, die bettlägerig sind. Junge Menschen scheuen einen Gang aufs Amt, Berufstätige scheitern an den eingerschränkten Parteienverkehrszeiten, vor allem in kleinen Gemeinden. Und sie fürchten auch den mangelnden Datenschutz in Kommunen, wo man sich kennt.

Pressefoto: Sabine Spögler-Dinse vor dem Sozialministerium

OTS: https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240722_OTS0038/unterstuetzungserklaerungen-menschen-mit-eingeschraenkter-mobilitaet-praktisch-ausgeschlossen